Franz Varga war fast 30 Jahre lang das Gesicht der DJK Jägerwirth im Landkreis Passau, 18 Jahre als 1. Vorstand und 10 Jahre als 2. Vorstand. 40 Jahre lang war der humorvolle Banker a.D. Cheforganisator und „Zeremonienmeister“ des traditionellen „Dorffests“, der Hauptattraktion- und Einnahmequelle des Jägerwirther Sportvereins. Seinen Nachfolgern übergab Varga einen bestens geführten und kerngesunden Verein, mit knapp 500 Mitgliedern. Auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt - für Varga „eine Bestätigung seiner Arbeit in den letzten vier Jahrzehnten“. Vom Bayerischen Landessportverband BLSV erhielt er kürzlich in Bodenmais den Ehrenamtspreis. Im Interview schaut Varga zurück auf durchaus bewegte Zeiten als Vereinsvorsitzender und seine neue Aufgabe als Generalbevollmächtigter Sportplatzbau.
Herr Varga, zu welchem Zeitpunkt sind Sie beim traditionellen Dorffest besonders zufrieden?
Zufrieden erleben Sie mich beim Dorffest-Donnerstag (Vatertag, Anm.), wenn alles gut herumgegangen ist, wenn nichts passiert ist, wenn das Zelt voll ist zur Eröffnung. Noch zufriedener bin ich aber, wenn alles wieder abgebaut ist. Und glücklich bin ich, wenn wir einen ersten Überblick über die Einnahmen bekommen, wenn die Zahlen hoffentlich schwarz werden. Denn von den Einnahmen lebt der ganze Verein.
Was braucht es, um ein solches Mammutfest stemmen zu können?
Vor allem viel Ehrenamt. Wir haben bei der „Rock-Disco“ in der Spitze 150 Personen im Einsatz. Wir brauchen Leute am Ausschank, bei den Verpflegungsständen und natürlich braucht es auch diejenigen, die nach den Feierlichkeiten wieder aufräumen. Das ist ganz besonders wichtig, weil das Zelt für den Kirchenumzug und den Festzeltbetrieb wieder blitzeblank sein muss. Grundsätzlich haben wir pro Tag immer 40 Personen im Einsatz. 90 % davon sind Mitglied im Sportverein.
Das zeigt den Stellenwert der DJK für den Ort Jägerwirth.
Definitiv. Wir sind der größte Verein innerhalb der Pfarrei und weil Fußball unsere größte Abteilung, ist bei uns das ganze Jahr etwas los, wobei sich auch Tennis in den letzten Jahren wieder gut entwickelt hat.
Wie sind Sie seinerzeit zur DJK Jägerwirth gekommen?
Durch Zufall. Mein Cousin war dort im Jahr 1976 aktiver Spieler und hat mich gefragt, ob ich mal ins Training mitgehen möchte. Ich hatte erst mit 18 Jahren angefangen, aktiv Fußball zu spielen. Ich war zuvor ein Tischtennisspieler in Passau/Heining. Dort habe ich auch gewohnt. Als ich dann nach Sandbach „geheiratet worden bin“ (lacht) waren es nach Jägerwirth nur noch ein paar Meter.
Sie haben mit 25 Jahren recht früh die Funktionärslaufbahn eingeschlagen.
Stimmt, als Abteilungsleiter respektive Organisationsleiter. Als Sparkassler war es mir auch vorbehalten, die Mannschaftskasse der ersten und zweiten Mannschaft zu verwalten.
In diesem Jahr haben Sie als 1. Vorsitzender der DJK Jägerwirth aufgehört, bleiben dem Verein aber in anderer Funktion erhalten. Können Sie einfach nicht lassen?
Sozusagen. Es hat sich halt zum Ende meiner Amtszeit hin eine einmalige Chance ergeben, auf die wir zehn Jahre lang hingearbeitet haben, dass wir aus den beengten Verhältnissen herauskommen. Letztes Jahr hat sich zum Glück aufgetan, dass ein Landwirt bereit war, der Gemeinde 3,5 Hektar Grund gegen ein Tauschgrundstück zur Verfügung zu stellen. In Planung sind jetzt zwei große Fußballspielfelder, idealer Weise eines mit Kunstrasen. Und ein Vereinsheim mit Umkleiden, Duschen und Aufenthaltsraum. Es geht um die Auslagerung des gesamten Sportgeländes. Als Generalbevollmächtigter ist es mein ehrgeiziges Ziel, zur 60 Jahr-Feier in drei Jahren fertig zu sein. Das wird noch einmal eine riesige Herausforderung. Ich kann mich noch gut an die Einweihung der Rasensportanlage im Jahr 1981 erinnern. Für das Eröffnungsspiel kam damals die SpVgg Bayreuth, damals noch 2. Bundesliga.
Auf Ihre Zeit als Vereinsvorsitzender zurückgeschaut, was lag Ihnen besonders am Herzen?
Dass ich mir Zeit nehme für die Mitglieder und mich für alle Themen interessiere. Steuern, Recht, Versicherungen, Prävention: Vereinsarbeit wird ja immer komplexer. Da habe ich immer versucht, up to date zu bleiben. Zum anderen war mir die Zusammenarbeit mit den Verbänden eminent wichtig, mit BLSV, BFV und DJK. Im Vergleich zu früher, ich denke an die Zeit vor 2005, haben sich die Schulungs- und Seminarangebote der Verbände sehr stark verbessert und unterstützen die jeweiligen Funktionsträger bei der Bewältigung der täglichen Vereinsarbeit. Das habe ich auch versucht, meinem Nachfolger weiter zu transportieren. Nur wenn man an den Verbändetagungen teilnimmt, wenn man sich gelegentlich auch als Delegierter einbringt, kann man sich eine fundierte Meinung zu einem Thema bilden und erst dann darf man auch schimpfen und kritisieren. Es gibt leider zu viele Vereinsvertreter, die kritisieren, ohne sich eine Meinung gebildet zu haben.
Gab es Enttäuschungen?
Leider wird man oft alleine gelassen, wenn man eigentlich Hilfe braucht. Zwar singen unsere Politiker bei Sonntagsreden oft das Hohelied auf das Ehrenamt, aber wenn du mal wirklich jemanden brauchst, stehst du alleine im Regen. Das hatte ich schon oft. Es wird zu viel geredet und zu wenig getan.
Was hätte Ihnen konkret geholfen?
Ganz einfach: Rückendeckung, wenn mal etwas schief geht oder mal ein Termin übersehen wird. Auf einmal flattert eine Zahlungsforderung ins Haus wegen irgendeiner verpassten Frist. Da hast du keine Chance. Weil es dann heißt: selber schuld! Aber das kann doch nicht das letzte Wort sein, oder? Wir haben einmal die Sperrzeit beim Dorffest überschritten. Die Quintessenz war, dass wir drei Stellungnahmen schreiben mussten und der Verein am Ende gestraft worden ist. Der erste Vorstand hat persönlich 175 € zahlen müssen, also ich. Der Verein 325€. Da hilft dir kein Politiker.
Wie sieht die Unterstützung bei eurem jetzigen Neubau-Projekt aus?
Im Endeffekt muss du alles alleine machen. Die allermeisten verstecken hinter irgendwelchen Paragraphen. Mein Motto war immer, geht nicht gibt’s nicht. Und genau an dieser lösungsorientierten Herangehensweise fehlt es bei Vertretern der Kommune, des Landratsamts oder der Regierung. Wenn links nichts geht, dann vielleicht rechts oder halb rechts.
Wie gehen Ihre Nachfolger die Aufgabe an? Stehen Sie als Tippgeber noch Gewehr bei Fuß?
Wir treffen uns unregelmäßig, die drei Vorstände und ich und besprechen alle anstehenden Dinge. Ich habe appelliert an sie, dass sie weitermachen sollen, auch wenn es vielleicht mal komprimiert und knüppeldick kommt. Jeder Vorsitzende fährt irgendwann mal Achterbahn, da muss man einfach durch.
Was ist das Besondere an der DJK Jägerwirth?
Wir sind zum Glück ein familiärer Dorfverein, wo die Eltern nicht herkommen und sagen, hier ist mein Kind und jetzt macht etwas damit! Bei uns werden die Eltern mit eingebunden, als Fahrer, Kuchenverkäufer usw. Meine Erfahrung ist, dass sich die Menschen ganz von alleine einbringen, wenn sie sich im Verein wohl fühlen.
Was bedeuten Ihnen die drei Buchstaben DJK?
Den sportlichen Erfolg erreichen zu wollen, aber nicht um jeden Preis. Wir werden einen Teufel tun, Geld in die Hand zu nehmen, um die erste Mannschaft in die Kreis- oder Bezirksliga zu führen. Das ist nicht die DNA. Wir spielen nicht Harakiri. Da fällt man über kurz oder lang auf die Schnauze. Und wenn ich nochmal auf´s Dorffest schaue, ist es ganz klar, dass wir das mit einem Gottesdienst beginnen. Wir sind in Bayern und wir sind katholisch. Das gehört einfach dazu. Und das macht auch die DJK im Endeffekt aus. Das christliche und das sportliche. Beides gehört im Verein zusammen.
Wir danken Ihnen für das Gespräch.